Martin Kall, Geschäfstführer von Tamedia, sprach auf den Medienforum NRW in Köln und sagte – laut Berichten – u. a. folgendes:
Martin Kall, Geschäftsführer von Tamedia (Zürich), setzt dabei vor allem auf Investitionen. 1987 habe sein Verlag eine neue Sonntagszeitung aufgebaut, zehn Jahre später habe sie erstmals Gewinne erwirtschaftet. Über die Gratiszeitung „20 Minuten“ sei es Tamedia gelungen, junge Leser anzusprechen. Sie habe mittlerweile eine Auflage von 800.000 Exemplaren erreicht. Dass dieses kostenlose Angebot zulasten der Kaufzeitungen gehe, sei bisher nicht zu beobachten. „Mir ist ein Gratiszeitungsleser lieber als gar kein Leser“, betonte Kall. Er riet anderen Verlagen, vor allem in den Journalismus zu investieren: „Wir können uns das Heruntersparen der Redaktionen nicht leisten.“
Kall: Die Schweiz ist kein „Heidiland für Verlage“
Tamedia-Manager Martin Kall schilderte in seiner Keynote, wie sich das Schweizer Unternehmen in den vergangenen Jahren fit für die Zukunft gemacht hat. Hier haben 3.200 Mitarbeiter aus gut 40 Ländern im Jahr 2008 596 Millionen Euro erwirtschaftet. Und dies in einem Land mit 7,6 Millionen Einwohnern, vier Sprachen und 26 Kantonen – in dem verkaufte und kostenlose (Pendler-)Zeitungen 91 Prozent Reichweite und 29 Prozent aller Werbeeinnahmen erzielen. Gleichwohl sei die Schweiz kein „Heidiland für Zeitungsverleger“, versicherte Kall. Der „Tagesanzeiger“ habe in den vergangenen zehn Jahren 33 Prozent der Leser verloren, 23 Prozent der Auflage und 45 Prozent der Anzeigen in allen Kategorien. Bisher habe es in wirtschaftlichen Spitzenjahren immer eine deutliche Erholung gegeben (wie 1998 oder 2000), aufgrund der Konkurrenz durch das Web bleibe diese nun jedoch aus. Für die kommenden zehn Jahre erwarte er einen Schwund der Leser um 25 Prozent und der Werbung um 30 Prozent. Dies werde zu einem Strukturwandel führen, prognostizierte Kall, Zeitungen würden verschwinden. Deshalb jedoch allein mit Sparmaßnahmen zu reagieren, sei keine Lösung. „Wer nur spart, gewinnt kurz Zeit, aber nicht die Zukunft“, versicherte der Manager.
„20 Minuten“ für junge, urbane Schweizer
Wie also reagiert Tamedia auf die demografischen und ökonomischen Zwänge? Das Haus investiert bereits seit Jahren in Redaktion und Vertrieb der (verkauften) Sonntagsausgabe, die, 1987 gegründet, 1998 erstmals Gewinne schrieb. Zuwachs bei jungen Lesern erzielte Tamedia durch den Einstieg bei der Pendlerzeitung „20 Minuten“, die eine Marke für „junge, urbane Schweizer, gedruckt und online, deutsch und französisch“ werden soll. Hinzu kommen das größte Immobilienportal der Schweiz, ein News-Online-Netzwerk ebenso wie ein regionales Onlinenetzwerk mit sieben ansonsten konkurrierenden Titeln oder der Kauf der französischen Zeitungsgruppe Edipress, der allerdings von den Wettbewerbsbehörden noch genehmigt werden muss. „Es ist wichtig, nicht in den Rückspiegel zu schauen, sondern nach vorn“, sagte dazu Kall, „unser Wettbewerber ist Google.“ Outgesourct wurde hingegen, was zu klein oder nicht rentabel zu führen war, etwa die IT an die Schweizer Telefongesellschaft Swiss Com oder die Zustellung an ein von der Schweizer Post geführtes Unternehmen. Ob sich das alles rechnen wird? Bisher seien, so der Manager, die Umsätze der Tamedia vor Steuer im Durchschnitt pro Jahrzehnt deutlich gewachsen. „Ich bin zuversichtlich, dass es so bleibt.“
Hubert Burdas „flammender Appell“ oder die Rückkehr der Vernunft, Teil II
Verleger Hubert Burda hat die „FAZ“ als Forum für einen flammenden Appell zugunsten gesetzlicher Schutzregeln für Medien gewählt. Unter dem Schlagwort einer „schleichenden Enteignung“ greift Burda vor allem die Suchmaschinen, namentlich Google und Yahoo, als überproportional verdienende Nutznießer der journalistischen Arbeit anderer an. Adressat des Appells, der die Debatte um die Web-Verwertung erweitert, ist die Politik, von der Burda ein weit gefasstes „Leistungsschutzrecht“ fordert.
Verleger Hubert Burda (Foto) plädiert in der „FAZ“ (Dienstagsausgabe) für ein erweitertes Leistungschutzrecht für Verlage im Internet. Werbung im Netz funktioniere zwar, doch seien die Suchmaschinen die größten Nutznießer der Werbeinvestitionen. Für Verlage bliebe schlicht zu wenig übrig: Es bleibe „zu konstatieren, dass dies kein tragfähiges Geschäftsmodell für journalistische Qualität im Internet ist“, so Burda. Wer die Leistung anderer nutze – wie Suchmaschinen, die auf journalistische Inhalte verlinken – müsse auch dafür bezahlen. „Sonst sehen wir der schleichenden Enteignung der Inhalte-Produzenten tatenlos zu“, sagt Burda. Daher müssten gemeinsame Spielregeln für einen fairen Umgang im Netz erarbeitet werden. Dabei sieht Burda auch den Gesetzgeber in der Pflicht, der den Erhalt der vierten Gewalt im Staat sichern müsse – aus reinem „Selbsterhaltungstrieb“ des Rechtsstaates.
Daher müssten gemeinsame Spielregeln für einen fairen Umgang im Netz erarbeitet werden. Dabei sieht Burda auch den Gesetzgeber in der Pflicht, der den Erhalt der vierten Gewalt im Staat sichern müsse – aus reinem „Selbsterhaltungstrieb“ des Rechtsstaates. Schließlich gehe es um die „Bewahrung eines Kulturguts“, so Burda.